Letztes Update: 12. August 2024
Die Kürzung der Fördermittel für den Glasfaserausbau 2024 und 2025 signalisiert einen Rückschritt für die digitale Infrastruktur im ländlichen Raum. Was bedeutet das für die betroffenen Regionen und ihre Bewohner?
Für viele Kreise und Kommunen war die Nachricht des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) ein Schock: Nur zwei Monate vor Ende des aktuellen Förderaufrufs kürzte das BMDV die zur Verfügung stehenden Mittel um rund 30 %, von drei auf nur zwei Milliarden Euro. Noch schlimmer sieht es für das nächste Jahr aus, wo der Bund statt der erwarteten drei Milliarden wohl nur rund eine Milliarde Euro für neue Glasfaserausbauprojekte bereitstellen will. Das bedeutet eine Kürzung der Mittel für die nächsten zwei Jahre um 50 %, von sechs auf nur noch drei Milliarden Euro.
Besonders hart wird dies ländliche Regionen und Bundesländer mit weniger attraktiver Demographie treffen, in denen auch in den nächsten Jahren kein privatwirtschaftlicher Ausbau zu erwarten ist. Für diese ist das Ziel eines flächendeckenden Ausbaus bis 2030 jetzt kaum noch zu erreichen. Die Kürzung der Fördermittel für den Glasfaserausbau 2024 und 2025 stellt somit eine erhebliche Herausforderung dar.
Die spontane Entscheidung des BMDV bedeutet eine große Enttäuschung für all die Kreise und Kommunen, die bereits seit Monaten auf die Förderantragstellung hinarbeiten. Das Verfahren erfordert Branchendialoge mit allen Netzbetreibern und ein mehrwöchiges Markterkundungsverfahren. Die Vorbereitungen für die Antragstellung bis Ende September laufen also häufig schon seit dem Frühjahr. Für eine große Zahl der interessierten Antragsteller haben sich die Erfolgsaussichten jetzt deutlich verschlechtert. Hinzu kommen Millionen Euro an Verfahrenskosten, die längst angefallen sind.
Für den Ausbaufortschritt insgesamt ist das eine noch schlechtere Nachricht, insbesondere für ländliche Regionen. Die Kürzung der Bundesmittel hat eine "doppelte" Auswirkung: Der Bund stellt mit diesen Mitteln stets nur 50 % eines Projekts, die anderen 50 % werden von Land und Kreis/Kommune kofinanziert. Kürzt der Bund jetzt eine Milliarde, fehlen für den Ausbau also zwei Milliarden, da auch die Kofinanzierung der Bundesländer nicht fließt.
Die Förderung ist ein elementarer Teil für einen gleichmäßigen Ausbau über das ganze Bundesgebiet. Zwar investieren die privatwirtschaftlichen Netzbetreiber, ob Telekom oder alternative Netzbetreiber, in den Ausbau. Aber das Wachstum der privaten Investitionen in den Glasfaserausbau ist längst zu Ende. Die Sachinvestitionen in Telekommunikation sind 2023 erstmalig seit 2013 zum Vorjahr leicht gefallen, von 13,4 Milliarden Euro auf 13,2 Milliarden Euro. Insgesamt nimmt die Zurückhaltung angesichts gestiegener Zinsen und Baukosten eher zu als ab. Es wäre der richtige Zeitpunkt für den Staat, antizyklisch einzuspringen.
Die privaten Netzbetreiber investieren vor allem dort, wo es sich wirtschaftlich am ehesten lohnt. Der Ausbau rechnet sich dann eher, wenn für jeden Meter Kabelbau möglichst viele Kunden gewonnen werden können. Das ist regelmäßig eher in urbanen oder suburbanen Regionen mit höherer Bevölkerungsdichte der Fall. Hilfreich ist es auch, wenn das Einkommensniveau höher und das Durchschnittsalter niedriger ist. Weniger investiert wird auf dem Land und dort, wo das Alter hoch und die Einkommen niedriger sind. Nicht einmal 3 % aller kleinen Gemeinden in Deutschland sind mit Glasfaser erschlossen. In Saarland und Thüringen haben weniger als 15 % der Haushalte Glasfaser. Die Ausbaukosten dort liegen laut Untersuchungen regelmäßig um das 3-5 fache über dem Betrag, der sich wirtschaftlich rechnen würde. Diese Gemeinden werden überproportional stark von der Kürzung betroffen, da hier kein privatwirtschaftlicher Ausbau stattfinden wird.
Zur Illustration kann man sich gut die größten Fördermittelempfänger aus 2023 anschauen: Das waren der Erzgebirgskreis, die Uckermark sowie die Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, wo über 500 Millionen Euro für den Ausbau notwendig sind. Solche Regionen werden unter den Tisch fallen.
Das Ziel der Bundesregierung, bis 2030 einen flächendeckenden Ausbau Deutschlands mit Glasfaser sicherzustellen, ist spätestens jetzt hinfällig, insbesondere für die gerade angesprochenen Regionen. Förderverfahren, die in 2026 oder später starten, werden angesichts der notwendigen Vergaben und Mittelzuweisungen nicht mehr vor 2030 ausgebaut werden können. Zusammen mit dem zurecht kritisierten Netzausbaugesetz, das den Glasfaserausbau weiterhin der Naturschutzprüfung unterwirft, kann man fast denken, dass die Ampelkoalition das Ziel auch nicht mehr wirklich verfolgt.
Der privatwirtschaftliche Ausbau kann hier kaum Boden gut machen. Zwar ist der privatwirtschaftliche Ausbau tatsächlich schneller als der Ausbau im sehr formellen Förderverfahren. Die von ihm adressierten Regionen sind aber schlicht andere als die, die der geförderte Ausbau ins Ziel nimmt. Ein gewisser Anteil der deutschen Haushalte, wahrscheinlich rund 20 %, sind einfach nicht wirtschaftlich zu erschließen. Tatsächlich sehen wir, dass der Ausbau mit jedem Jahr teurer wird, während die Endkundenpreise nicht im gleichen Maße steigen. Wenn länger gewartet und später gefördert wird, wird es für den Staat eher teurer als günstiger.
Von den politischen Akteuren wäre zunächst einmal die Erkenntnis wünschenswert, dass der privatwirtschaftliche und geförderte Ausbau nicht in Konkurrenz stehen, sondern synergetisch sind. Finden sie parallel statt, sind mehr Regionen schneller erschlossen. Darüber hinaus wäre ein gesamthafter Ansatz wünschenswert: Wenn Bauministerin Geywitz sich beispielsweise wünscht, dass mehr Menschen aufs Land ziehen, um die Wohnungsnot zu mildern, dann wäre der erste Schritt doch, eine attraktive Infrastruktur mit schnellem Internet auf dem Land zu schaffen. Stattdessen kürzt das BMDV die Förderung. Diese widersprüchlichen Handlungen sind kaum nachvollziehbar.
Die Kürzung der Gigabit-Fördermittel für 2024 und 2025 hat erhebliche Auswirkungen auf den Glasfaserausbau in ländlichen Gebieten. Diese Entscheidung könnte den Fortschritt beim Ausbau von schnellem Internet auf dem Land verlangsamen. Besonders betroffen sind Regionen, die stark auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, um den Anschluss an das schnelle Internet zu realisieren. Der Glasfaserausbau ist essenziell, um die digitale Kluft zwischen Stadt und Land zu schließen.
Ein Beispiel für die Auswirkungen der Kürzung ist der Glasfaseranschluss Geisfeld. Hier könnte die Kürzung der Fördermittel dazu führen, dass Projekte verzögert oder sogar ganz gestoppt werden. Dies würde die digitale Infrastruktur in der Region erheblich beeinträchtigen und den Zugang zu schnellem Internet für viele Haushalte erschweren.
Auch in anderen Regionen wie dem Glasfaser Zwiesel könnte die Kürzung der Fördermittel negative Folgen haben. Ohne ausreichende finanzielle Unterstützung ist es für viele Gemeinden schwierig, die notwendigen Investitionen für den Glasfaserausbau zu tätigen. Dies könnte dazu führen, dass ländliche Gebiete weiter hinter den städtischen Regionen zurückbleiben, wenn es um den Zugang zu schnellem Internet geht.
Ein weiteres Beispiel ist der Glasfaseranschluss Hirblingen. Auch hier sind die Fördermittel entscheidend für den Fortschritt der Projekte. Die Kürzung könnte dazu führen, dass die Pläne für den Ausbau des schnellen Internets in Hirblingen ins Stocken geraten. Dies zeigt, wie wichtig staatliche Unterstützung für den Glasfaserausbau in ländlichen Gebieten ist.